Mit klingendem Spiel
Mit klingendem Spiel | |
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Interpret: | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern der DDR |
Plattenfirma: | BARBArossa Musikverlag |
Erscheinungsdatum: | 2007 |
Typ: | CD, Album |
Katalognummer: | EdBa 014512 |
Labelcode (LC): | 04022 |
EAN Barcode: | 4 019774 1455127 |
Einlegertext
Zur Einführung
Die Edition Barbarossa setzt ihre Dokumentation der Musik der NVA und der DVP in der DDR mit dieser CD fort. Erneut spielt das Zentrale Orchester des Ministeriums des Innern. Dabei präsentiert das international anerkannte Blasorchester der Spitzenklasse Märsche der DVP und solche des klassischen Repertoires sowie gehobene Unterhaltung. Damit legt die Edition Barbarossa mit dieser CD ein weiteres wesentliches Dokument zur Blasmusik in der DDR auf. Allen Blasmusikliebhaber bietet das Album darüberhinaus in seiner stilistischen Fülle eine besondere, kurzweilige Unterhaltung.
Die Interpreten
Mit Weisung vom 11. Oktober 1948 verfügte der Polizeipräsident in (Ost)-Berlin die Aufstellung eines Musikkorps der Schutzpolizei unter Musikleiter Willi Kaufmann. Das ursprünglich nur 30 Musiker zählende Orchester sollte bereits zum Ende des Monats Oktober berichten, »ob das Orchester der Schutzpolizei nach dem Ergebnis der Musikproben in der Öffentlichkeit auftreten kann«. Völlig klar dürfte zudem sein, dass sich der Orchesteraufbau zunächst personell und instrumentell am sowjetischen Vorbild orientierte. Schon bald wurde das Orchester aufgrund seiner Aktivitäten ein Begriff und sein Dirigent, der spätere Musikinspizient und Oberst MD Willi Kaufmann, wurde von seinem Publikum liebevoll als »Pauken-Willi« angesprochen. Will man den ersten Dirigenten des Orchesters besonders herausstellen, dann ist jene Konzertreise nach China im Jahre 1954 zu nennen, aufgrund der Willi Kaufmann dann eine Zeitlang als »Lehrer für Blasorchester der Chinesischen Volksbefreiungsarmee« fungierte und für seine Arbeit mit dem »Orden der Helden der Chinesischen Volksbefreiungsarmee« ausgezeichnet wurde.
Im April 1958 erfolgte die Umbenennung in Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern (ZO des MdI). Wie bei allen großen Militärorchestern der DDR gab es für das ZO des MdI ein umfassendes Betätigungsfeld, zu dem noch zahlreiche Rundfunk- und Fernsehauftritte sowie Tonträgereinspielungen hinzu traten. Auch Reisen in das verbündete Ausland wurden durchgeführt, wo die Musiker des ZO des MdI stets gern gesehene Gäste waren. Da es in Berlin nach der Wiedervereinigung keine zwei Polizeiorchester geben konnte, wurde das ZO 1992 aufgelöst.
- Das Zentrale Orchester des Ministeriums des Innern wurde geleitet von:
MD Oberstleutnant Willi Kaufmann (1948-1970)
MD Oberstleutnant Wolfgang Arendt (1970-1976)
MD Oberstleutnant Franz Thurig (1976-1980)
GMD Oberst Helmut Sommer (1980-1991)
Oberstleutnant Ronald Sandner (1991-1992)
Während seines Bestehens gehörte das Zentrale Orchester des Ministeriums des Innern ohne Zweifel zur absoluten Spitzengruppe unter den Polizeiorchestern in Ost und West. Es war- und darüber kann es keine Diskussion geben - auf gleicher künstlerischer Ebene angesiedelt wie etwa die Prager Burgmusik oder das Zentrale Orchester des MWD der damaligen Sowjetunion und jederzeit vergleichbar mit Spitzenformationen im Westen wie etwa dem Orchestre d’Harmonie des Gardiens de la Paix aus Paris oder der Banda dei Vigili Urbani aus Rom. Insoweit hat die Polizeimusik nach Auflösung des ZO des MdI einen seiner überragenden Repräsentanten verloren.
Zur Musik
Der Titel »Mit klingendem Spiel« für diese neue CD mit dem ZO des MdI ist abgeleitet von einer Melodienfolge, welche Hans Ahrens (*1930) in den frühen 1970er Jahren für die Konzerte des ZO am Berliner Fernsehturm zusammenstellte. Dieser international anerkannte Fachmann auf dem Gebiet des Marsches hatte genau das richtige Gespür, um etliche der bekanntesten Märsche in Deutschland zusammenzufassen und sie in dem majestätischen Trio des Marsches »Zum Städtel hinaus« von Georg Meissner prächtig ausklingen zu lassen. Dieses Potpourri ist im Übrigen der klingende Beweis, wie man die Diskussion um die Frage, welche Märsche in der DDR nicht gespielt werden durften, musikalisch objektiv versachlichen kann, zumal hier angeblich »verbotene Märsche« Teil der Melodienfolge sind.
Es entspricht durchaus bester Tradition, dass der Chefdirigent eines Polizeiorchesters von internationalem Format für »sein« Orchester auch als Komponist tätig ist. Der damalige Oberst GMD Helmut Sommer (*1933), der nach der Wiedervereinigung der Amateurblasmusikbewegung in leitender Stellung zur Verfügung steht, macht hiervon keine Ausnahme. Aus seinem kompositorischen Schaffen ist hier eingespielt der schwungvolle Marsch »Der Brandenburger« — eine überzeugende zeitgemäße Weiterentwicklung des traditionellen Fanfarenmarsches. Weiterhin werden sein »Trompetenalarm« und die »Reminiszenzen« vorgestellt. Hier handelt es sich um anspruchsvolle Beiträge zum Repertoire der gediegenen Unterhaltung für Bläser. Es sind gerade solche Stücke, die heute nicht mehr aus Blasorchesterkonzerten wegzudenken sind und bemerkenswerterweise auch in Österreich mit Begeisterung aufgenommen werden.
František Kmoch (1848-1912), der »typische Repräsentant tschechischen Musikantentums« ist hier mit dem reizvollen »Muj Konicek« (»Mein Pferdchen«) zu finden. Zusammen mit »Zwei Freunde« von Slava Kovácik und der »Sumarinka Polka« von Karel Vacek handelt es sich um Stücke aus dem volkstümlichen tschechischen Repertoire, die nach wie vor eine große Anhängerschaft besitzen. In den alten Bundesländern dürfte nicht allgemein bekannt gewesen sein, dass gerade die Spitzenblasorchester der DDR auf diesem Gebiet »Kollegen« des brillanten Ernst Mosch waren. Dieses volkstümliche Repertoire zeigt auf dieser CD mit dem ZO des MdI naturgemäß mit der Melodienfolge »Der Berliner liebt Musike« auch deutsches Kolorit. Zusammengestellt hat dieses Potpourri Paul Woitschach (1908-1981), dessen Vater Carl Woitschach in den 1930er Jahren eines der besten Blasorchester leitete, die es je in Berlin gab.
Willi Kaufmann, der erste Dirigent des späteren ZO des MdI, ist hier mit drei Märschen vertreten, die beispielhaft die Ära widerspiegeln, in welcher er die Leitung des Orchesters inne hatte. Sein »Antifa-Marsch Nr. 3« enthält in »preußischer Verpackung« im Trio das bekannte Lied aus der Arbeiterbewegung »Wann wir schreiten Seit’ an Seit’« nach einem Text von Hermann Claudius und der Musik von Michael Englert. In hohem Ansehen stand in der DDR »Das Lied vom Kleinen Trompeter« und dem Musiker Fritz Weineck (1897-1925), der bei einem Tumult in Halle an der Saale ums Leben kam und aus dem Kaufmann den Marsch »Der kleine Trompeter« gestaltete. Im Todesjahr noch entstand das Lied, das pikanterweise später von »anderer Seite« mit »anderem Bezug« gesungen wurde. Weineck wurde in der DDR ein Denkmal errichtet, das heute im Museum für Stadtgeschichte in Halle zu finden ist und der Stoff wurde schließlich auch 1964 verfilmt. Der Schlußtrack der CD, Kaufmanns »Junge Volkspolizisten«, steht für einen besonderen Marschstil, wie er schon vor Jahren mit der LP »Märsche aus sozialistischen Ländern« (Eterna 8 10 012) dokumentiert wurde.
Drei Stücke der CD »Mit klingendem Spiel« stehen für die besondere Art der gehobenen Unterhaltung, wie sie vom ZO des MdI und anderen führenden Militärorchestern gepflegt wurde. Da ist zunächst einmal Isaak Dunajewskys (1900-1955) »Moskauer Liedermarsch«. Er war die überragende Persönlichkeit auf dem Gebiet der unterhaltenden Musik in der UdSSR und hinterließ ein umfangreiches Opus, u.a. die Musik zu nicht weniger als 42 Filmen. Seine melodiösen und eingängigen Weisen sorgen dafür, dass seine Musik nicht dem Vergessen anheim fallen wird. Im Jahre 1906 komponierte der rumänische Geiger und Komponist Grigoras Dinicu (1889-1949) ein Übungsstück für seine Schlussprüfung, das seitdem zu einem echten »Gustostückerl« geworden ist. Es geht um seine fulminante »Hora Staccato«, die hier in einer ansprechenden Bläserfassung erklingt und last but not least ist in diese Kategorie der »Ungarische Mädchentanz« von Siegfried Bethmann (1915-1993) einzureihen, mit dem es ihm beispielhaft gelang, den Klang ungarischer Folklore im Gewand für Bläser festzuhalten.
Der deutsche Marsch erlebte in der DDR interessanterweise keinen musikalischen Stillstand, sondern ist mit fesselnden Beispielen weiterentwickelt worden. Das schließt einmal den Präsentiermarsch ein, wie dies in der Dokumentationsreihe der Edition Barbarossa mehrfach aufgezeigt wurde, den traditionellen Marsch und ansprechende Weiterentwicklungen in einem zeitgenössischen Stil. Eher traditionell erklingt hier der Marsch »Auf Friedenswacht« von Lothar Kottwitz, während Siegmund Goldhammers »Optimistischer Marsch« der Gruppe »moderner Märsche« zuzurechnen ist. Goldhammer, Orchesterleiter, Komponist und Arrangeur von Format, gehört heute noch zu den viel gespielten Komponisten auf dem Gebiet der Militär- und Blasmusik. Als herausragend ist ohne Zweifel das Schaffen von Siegfried Bethmann einzustufen, von dem hier der »Marsch der DVP« und »Zum Lichte empor« erklingen. Er schuf und hinterließ eine Fülle ansprechender Blasmusik, die heute nicht nur in Deutschland, sondern auch in Skandinaven, in Westeuropa und sogar in den USA immer wieder in den Konzertprogrammen führender Blasorchester anzutreffen ist.
Der Kreis schließt sich. Steht am Beginn der Anmerkungen zu dieser CD der traditionelle mitteleuropäische Marsch, so trifft das auch auf die letzte Gruppe von Märschen zu, auf die kurz einzugehen ist. »Salve Imperator« von Julius Fucik (1872-1916) entstand während der Budapester Zeit des Komponisten beim IR 86. Dieses wuchtige, dem Kaiser Franz Josef I. gewidmete Stück, wurde von diesem am 14. November 1908 als Widmungsmarsch angenommen. Nur ein Jahr früher, im Jahre 1907, entstand Karl Komzák III (1878-1924) nur noch selten gespielter »Grillenbanner-Marsch«. Karl Komzák III war damals mit einem 45 Musiker zählenden Orchester mit populären Konzerten auf einer Tournee in Deutschland unterwegs und stieß dabei, der zeitgenössischen Presseberichterstattung zu Folge, auf ungeteilte Zustimmung.
Werner Probst (2007)
Titelliste
Track | Titel | Komponist | Interpret | Zeit |
---|---|---|---|---|
1 | Mit klingendem Spiel
(Radetzky Marsch/Pepita Marsch/Alte Kameraden/Erzherzog Albrecht Marsch/Zum Städele hinaus) |
Trad., arr. Hans Ahrens | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
2:42 |
2 | Der Brandenburger | Helmut Sommer | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
2:48 |
3 | Trompetenalarm | Helmut Sommer | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer (Solisten: Günter Sickert, Karl-Heinz Loof, Thomas Schmidt, Frank Kennke, Gerhard Wagner) |
2:48 |
4 | Muj Konicek | Frantisek Kmoch | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
2:50 |
5 | Antifa Marsch Nr. 3 | Willi Kaufmann | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
2:35 |
6 | Moskauer Liedermarsch | Issac Dunajewski | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: MD Oberstleutnant Franz Thurig |
2:15 |
7 | Ungarischer Mädchentanz | Siegfried Bethmann | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: MD Oberstleutnant Franz Thurig |
2:47 |
8 | Der kleine Trompeter | Willi Kaufmann | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
2:55 |
9 | Hora Staccato | Grigorias Dinicu | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer (Solisten: Günter Sickert, Dirk Richter, Dirk Kämpfer, Thomas Schmidt, Frank Kennke, Karl-Heinz Loof) |
221 |
10 | Optimistischer Marsch | Siegmund Goldhammer | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
3:12 |
11 | Salve Imperator | Julius Fucik | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
3:12 |
12 | Marsch der DVP | Siegfried Bethmann | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
2:54 |
13 | Reminiszensen | Helmut Sommer | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
3:40 |
14 | Zwei Freunde | Slawa Kovácik | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer (Solisten: Dieter Drese, Uwe Kuß, Gerhard Tillner, Uwe Westendorf) |
3:15 |
15 | Zum Lichte empor | Siegfried Bethmann | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: MD Oberstleutnant Franz Thurig |
3:18 |
16 | Grillenbanner Marsch | Karl Komzak | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
2:34 |
17 | Sumarinka Polka | Karel Vacek | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
2:55 |
18 | Auf Friedenswacht | Lothar Kottwitz | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
2:24 |
19 | Der Berliner liebt Musike | Paul Woitschach | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberst Helmut Sommer |
2:36 |
20 | Junge Volkspolizisten | Willi Kaufmann | Zentrales Orchester des Ministeriums des Innern
Leitung: GMD Oberstleutnant Willi Kaufmann |
2:30 |