Im Paradeschritt - Traditionsmärsche der NVA (Folge 3)
Im Paradeschritt | |
Traditionsmärsche der NVA (Folge 3) | |
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Interpret: | Zentrales Orchester der Nationalen Volksarmee |
Plattenfirma: | BARBArossa Musikverlag |
Erscheinungsdatum: | 2005 |
Typ: | CD, Album |
Katalognummer: | EdBa 01434-2 |
Labelcode (LC): | 04022 |
EAN Barcode: | 4 019774 143420 |
Beteiligt: | Cover-Design: Frank Lietz, Fotos: Bernd Hübner |
Einlegertext
Im Paradeschritt
Mit dieser neuen CD „Im Paradeschritt“ legt die Edition Barbarossa ein weiteres Tondokument vor, mit dem die militärmusikalischen Gepflogenheiten und Traditionen der ehemaligen Nationalen Volksarmee (NVA) festgehalten werden.
Wie bei früheren CDs auch, werden hier zunächst schwungvolle Märsche vorgestellt, die in der NVA entstanden sind oder für diese komponiert wurden. Diese sorgfältig ausgewählten Stücke erlauben zudem objektive Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit der herausragenden Militärorchester der „bewaffneten Organe der DDR“. Eine Besonderheit allerdings stellt in diesem Zusammenhang das „Orchester der Waffenbrüder“ dar (Track Nr. 6), das aus Angehörigen des Zentralen Orchesters der NVA und Musikern des Militärorchesters der Westgruppe der Truppen, also den damals in der DDR stationierten sowjetischen Kräften, aus Wünsdorf-Zossen besteht. In der ausgewählten Aufnahme steht es unter der Leitung von Oberstleutnant Heinz Häcker.
Zentrales Werk der CD ist jedoch der Große Zapfenstreich der NVA. Er galt als eines der bedeutenden Elemente des militärmusikalischen Zeremoniells für die NVA und für ihre Öffentlichkeitsarbeit. Dieser Große Zapfenstreich wurde am Nationalfeiertag sowie nur zu besonderen Anlässen aufgeführt. Zusammengestellt wurde die Zeremonie im Wesentlichen vom damaligen Leiter des Zentralen Orchesters der NVA, Oberst GMD Gerhard Baumann.
Ursprung und Herkunft des Zapfenstreichs reichen jedoch weit in die Geschichte zurück: Mit dem Zapfenstreich, bisweilen auch Zapfenschlag genannt, kündigte man ursprünglich durch Ruf, Kanonenschuß oder Signal die Nachtruhe der Soldaten an, wobei erstmals im ausgehenden 16. Jahrhundert ein Abendsignal im Zusammenhang mit dem Zapfenschlag erwähnt wird. Er war jedoch keinesfalls ausschließlich für Soldaten verbindlich, denn im Jahre 1636 erließ der Große Kurfürst eine Verfügung zum Schankverbot und dem Zapfenstreich, die er 1667 erneuerte. Diese Verfügung nun galt für Soldaten und Bürger gleichermaßen. Der Begriff „Großer Zapfenstreich“ selbst ist ab Mitte des 18. Jahrhunderts nachweisbar.
Ein Meilenstein in der Geschichte der Zapfenstreich-Zeremonie in Deutschland war eine königliche Ordre aus der Zeit der Befreiungskriege: Die verbündeten russischen Truppen beeindruckten den preußischen König Friedrich Wilhelm III. bei einer Truppenbesichtigung so sehr, daß er im August 1813 die Einbeziehung eines Gebetes nach dem Zapfenstreich befahl. Seitdem hat sich der Ausdruck „Russischer Zapfenstreich“ bei uns eingebürgert.
Dieser „Russische Zapfenstreich“ wurde dann erstmals im festlichen Rahmen mit mehr als 1000 Beteiligten im Jahre 1838 in Berlin unter der Leitung Wilhelm Wieprechts, des großen Reformators der preußischen Militärmusik, aufgeführt. Anlaß für diesen Zapfenstreich war der Besuch des Zaren Nikolaus I. in Berlin. Damit war die Grundkonzeption des Großen Zapfenstreiches festgelegt, wie sie heute noch gilt und die selbst auf den Großen Zapfenstreich der NVA nicht ohne Einfluß war.
Seit der ersten großen zeremoniellen Aufführung des Großen Zapfenstreiches durch Wieprecht gab es Auseinandersetzungen um die verschiedenen Choräle, die als Gebet Verwendung fanden und welche bis in unsere Tage anhielten. Auch die Abfolge der Zeremonie - mit und ohne Hymne sowie mit verschiedenen Gebeten - war nicht festgelegt. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Nationalhymne integraler Bestandteil des Zapfenstreiches und zum Gebet wurde Bortnjanskis Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“ bestimmt.
Landsmannschaftliche Varianten kannte bzw. kennt man in Bayern und Sachsen, wo anstelle des Zapfenstreichmarsches, eines kurzen Stückes russischen Ursprungs, der auch von der NVA übernommen wurde, der „Bayerische Zapfenstreich“ von Legrand bzw. der „Sächsische Zapfenstreich“ eines unbekannten Komponisten erklang. An die Stelle des ursprünglich russischen Chorals, der im überwiegenden Teil Deutschlands gespielt wurde, trat in Bayern das „Bayerische Militärgebet“ von Aiblinger.
Am 1. März 1962 führte die NVA zum ersten Mal einen Großen Zapfenstreich auf, der jedoch mit dem ursprünglich preußischen Zapfenstreich nichts gemeinsam hatte, denn es handelte sich hierbei um eine Aneinanderreihung von Märschen, Liedern und der Nationalhymne. Die feierliche Ausgestaltung des militärischen Abendsignals, der Kern des Zapfenstreiches, wurde überhaupt nicht berührt. Völlig anders dann ist der „zu Ehren des X. Parteitages der SED“ neu geschaffene Große Zapfenstreich der NVA angelegt, der hier erklingt. Er wurde uraufgeführt am 28. Februar 1981 am Mahnmal der Opfer des Faschismus und Militarismus in Ost-Berlin. Anlaß für diesen Festakt war der 25. Jahrestag der NVA.
In einer zeitgenössischen Quelle wird zum Inhalt des Großen Zapfenstreiches der NVA ausgeführt: „Die NVA der DDR, deren Kampfauftrag es ist, die sozialistischen Errungenschaften des Arbeiter- und Bauern-Staates und den Frieden bewahren zu helfen, verlieh dem „Großen Zapfenstreich“ einen neuen Inhalt, verband ihn mit den demokratischen und humanistischen Traditionen der deutschen Militärgeschichte ... Er ist zudem im Ablauf attraktiver und bietet den stets zahlreichen Zuschauern ein noch eindrucksvolleres Erlebnis.“
Der Höhepunkt im Großen Zapfenstreich der NVA ist sicherlich die Liedfolge der „Festlichen Zapfenstreichmusik“. Sie zeigt einerseits deutlich die Traditionslinien in der ehemaligen DDR auf und sie trägt auch einem veränderten politischen Selbstverständnis der DDR-Führung Rechnung, denn die allgemein bekannten Musikstücke, die für einzelne Epochen stehen, werden in einen geschichtlichen Zusammenhang gestellt und spannen einen Bogen vom 16. Jahrhundert bis zur Gründung der DDR. An die Stelle des Gebets im preußischen Zapfenstreich tritt in dieser Zeremonie die „Ehrung der Opfer des Faschismus und Militarismus“. Der hierfür gewählte Trauermarsch „Unsterbliche Opfer“ gehörte im Bereich des Warschauer Paktes zum eisernen Bestand „proletarischer Trauerfeiern“ und wurde sogar von Benjamin Britten in seiner „Russian Funeral Music“ zitiert. In der vorliegenden Fassung soll er auf ein russisches Soldatenliederbuch aus dem Jahre 1888 zurückgehen.
Die hier wiedergegebene Fassung des Großen Zapfenstreiches der NVA enthält eine musikalische Besonderheit, denn der ursprünglich für die Aufführung vorgesehene sogenannte „Kleine Zapfenstreich“ (Track 17) ist später nie aufgeführt oder veröffentlicht worden.
Insoweit liegt hier damit ein Tondokument vor, das den dokumentarischen Wert der Aufnahme noch wertvoller werden läßt.
Werner Probst (im Mai 2005)
Titelliste
Track | Titel | Komponist | Interpret | Zeit |
---|---|---|---|---|
Traditionsmärsche der NVA | ||||
1 | Im Paradeschritt | Georg Thiel | Stabsmusikkorps der Volksmarine
Korvettenkapitän MD Walter Hoffmann |
1:39 |
2 | Kosmonautenmarsch | Otto Wagner | Zentrales Orchester der NVA
Oberst GMD Gerhard Baumann |
2:20 |
3 | Allzeit gute Fahrt | Wolfgang Latarius, arr. Siegmund Goldhammer | Stabsmusikkorps der Volksmarine
Korvettenkapitän MD Walter Hoffmann |
2:10 |
4 | Gipfelstürmer | Otto Wagner | Stabsmusikkorps der Grenztruppen
Oberstleutnant GMD Hans-Jürgen Rohland |
2:30 |
5 | Weißes Gold | Egon Spangenberg | Zentrales Orchester der NVA
Oberst Heinz Häcker |
2:55 |
6 | Marsch der Fallschirmsportler | Siegfried Bethmann | Orchester der Waffenbrüder
Oberstleutnant Heinz Häcker |
2:41 |
7 | Im Parademarsch | Wolfgang Latarius, arr. Siegmund Goldhammer | Zentrales Orchester der NVA
Oberst GMD Gerhard Baumann |
2:26 |
8 | Kosmonautenfreundschaft | Siegfried Enders, arr. Gerhard Baumann | Zentrales Orchester der NVA
Oberst GMD Gerhard Baumann |
3:20 |
9 | Brüder zur Sonne, zur Freiheit | Fritz Rönnefeld | Stabsmusikkorps der Grenztruppen
Oberstleutnant GMD Hans-Jürgen Rohland |
1:57 |
Der Große Zapfenstreich der NVA | ||||
10 | Parademarsch Nr. 1 | Komposition und Gesamtarrangement: Gerhard Baumann unter Verwendung von Kompositionen und Motiven von H. Schulz, H. Eisler, D. Schostakowitsch, C. M. von Weber, P. Dessau, R. Goguel, E. H. Meyer, L. Fürnberg, P. Degeyter sowie traditioneller Musik. | Zentrales Orchester der NVA
Oberst GMD Gerhard Baumann |
0:51 |
11 | Marsch der Fackelträger | 0:55 | ||
12 | Paradefanfare | 1:04 | ||
13 | Locken zum Zapfenstreich und Zapfenstreichmarsch | 1:39 | ||
14 | Festliche Zapfenstreichmusik
Einleitung - Wir sind des Geyers schwarzer Haufen - Lützows wilde Jagd - Warschawjanka - Matrosen von Kronstadt - Auf, auf zum Kampf - Im Januar um Mitternacht - Der kleine Trompeter - Die Thälmann Kolonne - Moorsoldatenlied - Dank euch, ihr Sowjetsoldaten - Brüder zur Sonne, zur Freiheit - Lied der Partei - Finale |
12:37 | ||
15 | Ehrung der Opfer des Faschismus und Militarismus | 3:45 | ||
16 | Nationalhymne der DDR | 0:59 | ||
17 | Kleiner Zapfenstreich | 4:55 | ||
18 | Zapfenstreichfinale
Fanfarenspiel - Für den Frieden der Welt - Ausklang |
2:25 |